Dienstag, 25. November 2014

Die Tribute von Panem und wir - wie nah sind wir den Leuten aus der Hauptstadt?

Ich muss zugeben, ich habe etwas gemacht, was ich normal als Fehler betrachte:
Nachdem ich das Hörbuch "The Hunger Games" gehört habe, habe ich mir gestern Abend den Film angesehen (die Auswirkungen davon schlagen sich immernoch in Müdigkeit nieder heute Morgen).
Normalerweise sehe ich das als ungute Idee an, da man sofort anfängt die "Fehler" im Film gegenüber dem Buch zu erkennen und damit den Film schlechter bewertet als wenn man sich ein wenig vom Buch gelöst hat vorher. Immerhin ist der Film die Interpretation eines Schauspielers der Interpretation eines Regisseurs der Interpretations eines Drehbuchautors einer Buchvorlage.

Interessant fand ich, dass der Film aber einen ganz anderen Fokus hat, wie die Bücher. Während die Bücher sich stark auf die Emotionen und Gedanken von Catnis (->Hörbücher, verzeiht eventuelle falsche Schreibweisen) vor, während und nach der Spiele, konzentrierten, konzentriert sich der Film auf einen anderen Aspekt. Das erste Buch zeichnet dabei eine Welt in der die Ohnmacht des einzelnen und auch der gesamten Bewohner der Distrikte im Vordergrund steht. Eine Welt in der die Armut stark hervorgehoben wird. Das Buch enthält keine Perspektivenwechsel, man erfährt immer nur das, was Catnis auch gerade erfährt bzw. was sie bereits weiß.

Im Film jedoch wird die Perspektive oft zu einer anderen Gruppe gewechselt: Zu den Spielmachern. Diese kommen im Buch lediglich in Sätzen vor wie "Ich kann mir vorstellen, die Spielmacher..." im Film sieht man jedoch direkt, was deren wirklichen Beweggründe für Dinge sind und teilweise auch stärker, wie sie auf die Spiele einfluss nehmen. Dies wird dadurch meiner Meinung nach in dem Film eher hervorgehoben und zeigt die Geschichte in einem ganz anderen Licht, denn es zeigt nicht die extreme Machtausübung der Hauptstadt gegenüber den Distrikten, sondern die Perversion ihrer Fernsehkultur. Wenn ich die Parallelen zum Kolosseum in Rom mal streiche, bleibt im Endeffekt übrigt, dass tragische Schicksale von Personen forciert und inszeniert werden für die Belustigung oder Zerstreuung des Volkes.

Was mich dabei so stark bewegt hat ist, dass man dies nicht nur in Panem findet, sondern auch in unserer Zeit. Die offensichtlichste Parallele wird man zu Big Brother und den damals entstandenen Derivaten (z.B. Solitude) ziehen können, was eine Sendung ist, in der die Teilnehmer 24/7 Kameraüberwacht sind und sich der Willkür der Spielmacher, verzeihung: Produzenten, unterwerfen. Noch schlimmer in diese Richtung gehen die ganzen Reality-Soaps, welche seit Jahren den Eindruck erwecken, die Darsteller seien lediglich von einer Kameracrew begleitet worden, obwohl die ganze Scheiße von den Machern inszeniert wird. Nicht immer kommen dabei wirklich Drehbücher und Schauspieler zum Einsatz, jedoch werden die Personen ähnlich wie in The Hunger Games so manipuliert, dass sie eine möglichst tragische Darbietung bieten. Wer dazu mehr erfahren möchte, kann mal durch das Archiv von Fernsehkritik.tv blättern.

Alles in Allem finde ich die Verfilmung von "The Hunger Games" gelungen, auch wenn sie einen ganz anderen Aspekt dieser Welt in den Vordergrund stellt, als es die Bücher tun und aus Sicht des Buches einiges an Fanfiction enthalten. Wir sollten diesen Film jedoch als Anlass sehen, unsere Fernsehgewohnheiten zu überdenken und zu überlegen, ob wir wirklich so enden möchten, wie die Leute aus Hauptstadt, bzw. inwieweit wir bereits so geworden sind.

Ich werde jetzt das zweite Hörbuch fertig hören und dann den zweiten Film sehen. Eventuell folgt daraus noch einmal ein Post, aber versprechen möchte ich nichts.
Wer die Hörbücher haben will: Zum Zeitpunkt an dem ich das Schreibe läuft das entsprechende HumbleBundle noch 13h, wer also schnell ist, kann für 15$ nicht nur alle drei Teile von The Hunger Games (auf englisch), sondern noch einen Pack andere Bücher bekommen: https://www.humblebundle.com/books

Montag, 3. November 2014

Wider die GDL vom Teufel gestift'

Ich hab grad so 'nen Hals:
Die #GDL hat schon wieder Streiks angekündigt. Diesmal sind sie sich aber zu fein, zu verraten, _wann_ sie streiken.
Der Kampf für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen ist ja ganz löblich, nur auf wessen Rücken wird der denn ausgetragen?
Eigentlich sollen die Streiks ja den Arbeitgeber treffen, der durch die Arbeitsniederlegung Umsatzeinbußen hat. Hat die Bahn mit Sicherheit und das auch nicht ganz unverdient bei dem Haufen, jedoch trifft es sie nicht am härtesten.
Am härtesten betroffen sind eindeutig die Fahrgäste, vor allem die, welche auf die Bahn angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen.
Gehen wir aber erstmal vom Normalfall aus, nämlich dass der Streik angekündigt wird. Hier wird immer so toll gesagt, dass man sich halt um Alternativen bemühen muss und daher Pech hat. Das kann ich im ersten Moment auch nachvollziehen, um ehrlich zu sein - das heißt, solange es wirklich Alternativen für die Strecke gibt, die mir ermöglichen zur Arbeit zu kommen (und das _bevor_ mein Arbeitsplatz schließt). Für viele Pendler sollte das aber der Fall sein, daher ist diese Regelung erstmal okay - wenn auch ziemlich ärgerlich.
Nun ist es jedoch so, dass zu bestimmten Zeiten auf bsetimmten Strecken (z.B. morgens S3 von Frankfurt nach Eschborn) die Züge schon extrem überfüllt sind, so dass ein betriebsbedinger Ausfall (z.B. ein Schaden am Zug) dazu führt, dass eine riesen Traube von Pendlern am Bahnhof steht. Wer jetzt darauf verweist, dass man ja mit Bus und Taxi weiterfahren kann, war eindeutig selbst noch nicht in der Situation, denn die wenigen Busse sind mit dem plötzlichen Ansturm von Pendlern total überfordert (es kann pro Bus jeweils nur ein Bruchteil der Pendler mitgenommen werden, die Menschentraube verkleinert sich scheinbar überhaupt nicht) und wenn man einen Taxidienst anruft, wird man eher ausgelacht, denn die Taxen sind quasi sofort ausgebucht. Die einzige Chance, die man noch hat ist, wenn man seine Firma das Taxi bestellen lässt, denn die werden scheinbar bevorzugt behandelt. Ein Ausfall eines Zuges auf der Strecke führt also in der Regel zu einem ziemlichen Chaos - Ausweichstrecken gibt es also effektiv nicht. Während eines Streiks sieht das ähnlich aus. Die Pendler, die glücklich genug sind, ein Auto ihr eigen zu nennen oder eine Fahrgemeinschaft bilden zu können, füllen in langen Staus die Autobahnzufahrten nach Eschborn, die Autolosen überfüllen die wenigen Busse, die als einzige Verbindung zwischen Frankfurt und Eschborn fahren. Ein Schelm, wer Böses in Zusammenhang mit dem Umstand vermutet, dass Eschborn Frankfurt viele große Firmen "weggenommen" hat, weil es steuerlich einfach günstiger ist. Okay, wir halten fest: Bei einem bekannten Streik kann ich mich darauf vorbereiten, dass es länger dauert, weil ich eine andere Strecke fahren muss, wobei es immernoch Glückssache ist, ob ich diese geplante Zeit einhalte, da es jeder, der nicht anders kann, auf diesem nicht für diese Massen ausgelegten Wege versuchen.
Ist der Streik nun unangekündigt, kann es mir passieren, dass ich gerade in der S-Bahn sitze, wenn diese stehen bleibt und meint "so, wir fahren nicht mehr weiter, wir streiken!". In dem Moment sitze ich zunächst einmal irgendwo im Untergrund von Frankfurt, habe kein Internet (denn zum einen gibt es faktisch keinen Netzausbau in den Frankfurter S-Bahn-Tunneln, zum anderen will jetzt verständlicherweise _jeder_ mit seinem Smartphone ins Internet) und kann mich also nicht darüber informieren, wie ich nun genau von _hier_ zu meinem Arbeitsplatz komme, ohne die Bahn zu benutzen. Natürlich könnte ich für jede Station durch die eine S-Bahn fährt einen Notfallweg mitnehmen, jedoch würde das bedeuten, dass ich ein kleines Heftchen Papier mit mir rumschleppen muss, da zwischen OF-Ost und Eschborn 7 Haltestellen liegen (sofern ich keine Vergessen habe) und die "Ersatzstrecke" natürlich nicht parallel zu dieser verläuft. So muss ich also für jede dieser 7 Haltestellen eine Ersatzroute parat haben. Gehen wir aber einfach mal davon aus, ich hätte diese Ersatzroute immer dabei (also merken könnte ich sie mir eindeutig nicht), so muss ich diese immernoch fahren und komme damit sicher nicht schneller ans Ziel. Um genau zu sein ist mein Weg zur Arbeit doppelt so lang, wenn ich gar nicht erst von der ersten Haltestelle weg komme (Warten auf den ersten Bus der korrekten Linie mal ausgenommen). Das ich nicht in der Lage war, mich auf den längeren Weg vorzubereiten - wir gehen schließlich von einem Streik aus, dessen Termin mir nicht bekannt war - bin ich also eine Stunde später als geplant an der Arbeit. Natürlich hat mein Arbeitgeber Verständnis dafür (ich bin ja nicht in einer schlechten Zeitfirma, wo man für sowas einen Grund in den Krümeln sucht, den Mitarbeiter zu kündigen) und ich bekomme erst einmal keine Probleme, dass ich "zu spät gekommen" bin. Um genau zu sein haben wir Gleitzeit, daher interessiert es meinen Arbeitgeber erstmal weniger, wenn ich mal eine Stunde später komme - mache ich manchmal auch einfach so, weil ich morgens keine Lust habe, so früh aufzustehen. Jedoch muss ich dennoch meine acht Stunden arbeiten, wenn ich nicht eine Stunde aus meinem Gleitzeitkonto abbauen will. Jedoch hatte ich gar keine Möglichkeit, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, vielmehr war eine andere Gewalt, die mich dazu zwang, später zur Arbeit zu erscheinen. Effektiv ist die GDL hier Schuld, denn die hat den Termin des Streiks gewählt und entschieden, ihn mir nicht mitzuteilen. Ach, da kommt mir eine Idee: Soll die GDL mir doch diese eine Stunde bezahlen - im Gegenzug unterschreibe ich sogar, dass ich an diesem Tag keine Überstunden mache und mir von der Firma die eine Stunde als unbezahlten Urlaub anrechnen lasse (damit niemand behaupten kann, ich würde für diese Stunde doppelt Geld kassieren).
Was ist aber nun, wenn ich einen Kundentermin habe (was theoretisch gesehen durch einen nicht gewonnenen Auftrag meiner Firma einen noch höheren Schaden einbringt, der meiner Meinung nach auch von der GDL zu begleichen ist)? Nun, wenn ich von dem Streik vorher weiß, kann ich auf anderem Wege zu dem Kunden fahren - auch wenn es dadurch länger dauert, mein Pech halt. Sehe ich erstmal ein - außer ich müsste um 9 Uhr abends los fahren, um mit Bus pünktlich beim Kunden zu sein (lassen wir mal das optische und olfaktorische Problem, was das mit sich bringt, ausser Acht). Andererseits kann ich mir natürlich auch ein Taxi nehmen - hier bin ich mir sicher, dass die Taxen nicht ausgebucht sind, wenn man sie frühzeitig ordert. Das ist ja möglich, da man den Termin des Streiks auch frühzeitig weiß. Jedoch ist ein Taxi nicht gerade das billigste Fortbewegungsmittel und somit entsteht mir hier durch den Streik ein finanzieller Schaden. Wieder eine Rechnung, die eigentlich im Postfach der GDL landen sollte.

Warum ich bisher so auf dem Geld herum reite? Weil das bei vielen (zugegebenermaßen aber nicht allen) Streiks eines der Hauptthemen ist, um die es geht: Die meiner Meinung nach extrem unterbezahlten Lokführer wollen ein Gehalt, welches ihrer geistigen und psychischen Beanspruchung gerecht wird. Geistig, da es einiges an Konzentration erfordert, den Fahrbetrieb zu überwachen und somit die Sicherheit der Passagiere herzustellen. Psychisch, da es eine extreme Belastung für einen Lokführer ist, wenn der Zug mal wieder einen Deppen überrollt, der meint, auf den Gleisen herumturnen zu müssen. Zwei kleine Ausschnitte aus dem Job, die ihn für mich schon extrem stressig machen würden. Zum Glück muss ich ihn ja nicht machen, denn es gibt ja Leute, die dafür Geld kriegen. Leider kann man das nicht als angemessene Bezahlung bezeichnen. Von daher ist es für mich verständlich, wenn die Lokführer für bessere Arbeitsbedingungen (z.B. auch längere Pausen) kämpfen und dabei streiken.
Mittlerweile habe ich jedoch das Gefühl, dass die aktuellen Streiks der Lokführer nichts mit besseren Arbeitsbedingungen zu tun haben. Also - nicht aus Sicht der Lokführer. _Die_ gehen auf die Straße, weil sie endich gescheit bezahlt werden wollen, gescheit Pause machen wollen, etc. Jedoch wird das Gefühl immer größer, dass diese Sehnsucht der Lokführer von der Gewerkschaft missbraucht wird, um ihre eigene Macht zu stärken. Das Ziel der Gewerkschaft sind also nicht die Lokführer, sondern ist die Gewerkschaft selbst, die den Streik als Instrument zur Festigung ihrer Macht verwendet. Dies ist jedoch lediglich ein Gefühl und kann durchaus falsch sein - das streite ich auch gar nicht ab, jedoch hat es die GDL meiner Meinung nach sträflich versäumt, darauf hinzuweisen, warum nun wieder gestreikt wird. Ich kann in dem heutigen Post auf deren Webseite (http://www.gdl.de/Aktuell-2014/AushangReport-1415030562) zumindest nicht erkennen, warum ich mit RMV/DB zu spät zur Arbeit kommen soll wenn ein mir gänzlich unbekanntes Unternehmen namens "RegioTram", welches dem Namen nach nicht für S-Bahnen, sondern für Straßenbahnen zuständig ist, nicht bereit ist, ein akzeptables Angebot zu machen. Die Tagesschau schreibt: 'Noch am Sonntagmorgen habe es "keinerlei Zweifel" an einer greifbar nahen Lösung gegeben. Am Abend sei dann nach einer Sitzung der GDL-Tarifkommission "die Rolle rückwärts" gekommen. "Eine gute Zukunftslösung ist erneut an reinen Machtfragen gescheitert", sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber.' (http://www.tagesschau.de/wirtschaft/lokfuehrer-gdl-103.html) Sollte dies Stimmungsmache der Bahn sein, so hat die GDL ein prächtiges Mittel, um sich dagegen zu wehren: Soziale Medien. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Entscheidung zuerst auf Facebook, Twitter und im hauseigenen Blog zu veröffentlichen _und_ dabei zu beleuchten, _warum_ es zu dieser Entscheidung gekommen ist. "Die Bahn weigert sich immernoch unsere Forderung nach XYZ anzunehmen" wäre z.B. ein guter erklärender Tweet, den man noch während der Sitzung hätte verschicken können. So muss ich als Bahnkunde jedoch von reiner Willkür und "Machtfragen" ausgehen, was meine Wut gegenüber der GDL noch weiter schürt.
Wie wäre es denn mal mit einer Gegendemonstration bei dem Streik? Ich könnte mir das auch schon gut vorstellen - im Stil einer klassischen Demonstration. So Mittelalter-Klassisch. Jedoch mit Mistgabeln und Fackeln aus Pappe und Krepppapier. Wobei wenn es nachts ist kann man die Fackeln gern durch echte ersetzen, man will schließlich was sehen. Hätte was von 'nem Laternenumzug irgendwie...
Ja, am liebsten würde ich zu etwas aufrufen, was gesetzlich nicht vertretbar ist ... würde - Leute, lasst's. Geht lieber ordentlich demonstrieren, auch wenn ich den Entscheidern in der GDL sonstwas an den Hals wünsche.